Beleidigungen, Schmähgesänge, Transparente, die vordergründig eine Person diffamieren – Dinge, die die Kurven sicherlich nicht schöner oder bunter machen und auch nichts mit „dem Fußball“ als solchen zu tun haben. Da sind sich alle einig! Aber diese Vorgänge vom Wochenende in Hoffenheim zu nutzen, um längst überfällige konsequente Reaktionen auf Rassismus, Sexismus, Homophobie und andere Diskriminierungen zu zeigen, ist der falsche Weg. Und er führt in die Sackgasse. In der Kritik der Fans stehen Kollektivstrafen, die die Fußballverbände in der jüngeren Vergangenheit ebenfalls als obsolet vermieden.
„Nun aber ganze Fangruppen aufgrund von Beleidigungshandlungen Einzelner pauschal zu verurteilen, auszuschließen und zum Sündenbock für jegliche Diskriminierung im Stadion machen zu wollen ist nicht nachvollziehbar, verhältnismäßig und schon gar nicht fair“, sagt Sophia Gerschel, Sprecherin der BAG der Fanprojekte. „Das so oft zitierte 3-Stufen-Modell ist kommuniziert und bekannt und bei kaum einem Vorfall von Rassismus, Sexismus oder ähnlichem bisher so konsequent und klar, wie am vergangenen Samstag in Hoffenheim, angewendet worden.“
Ein Gleichsetzen dieser Vorkommnisse (Beleidigung einer einzelnen Person und Diskriminierung von Menschengruppen) ist fatal und wird dazu führen, dass alle Protagonisten wieder nur übereinander reden, herziehen, hetzen und sich gegenseitig verurteilen und beschuldigen. Das Ergebnis: Es geht von einer Beleidigung in die nächste. Das kann nicht „der Fußball“ sein, von dem am Samstag alle Funktionäre sprachen und den sie in den Stadien haben wollen. Und das kann auch nicht die Wochenendbeschäftigung sein, die die Fanszenen landauf landab suchen.
Eine Beleidigung ist ein strafwürdiges Verhalten und muss rechtsstaatlich verfolgt werden. Punkt. Hierfür aber Menschen in Haft zu nehmen, die mit dem ganzen „Theater“ gar nichts zu tun haben und einfach nur Fußball schauen und ihren Club unterstützen wollen, führt in die Sackgasse und zu einer weiteren Eskalation in der Causa Fans vs. Dietmar Hopp. „Gleichzeitig muss gegen Rassismus, Sexismus, Homophobie und alle anderen Formen von Diskriminierung vorgegangen und Haltung gezeigt werden. Gemeinsam: von Vereinen, Verbänden, Fans und allen weiteren Beteiligten am Fußball. Selbstverständlich auch von allen Fanprojekten“, fordert die BAG Sprecherin, Sophia Gerschel.
Die sozialpädagogischen Fanprojekte sind eine Erfolgsgeschichte, die weltweit ihres gleichen sucht. Fanprojekt-Mitarbeiter*innen reden, hören zu, vermitteln, übersetzen, bringen zusammen und schaffen Verständnis. Fanprojekte engagieren sich gegen Rassismus, Sexismus, Homophobie und andere Diskriminierungsformen. Das alles seit Jahrzehnten. Und das werden sie auch weiterhin tun, um genau solche Situationen wie vom vergangenen Wochenende aufzuarbeiten und gemeinsam mit allen Verantwortlichen einen Weg zurück zu einer konstruktiven Kommunikation zu finden.